Viele Verkehrsregeln nur unzureichend bekannt

Erkenntnisse aus dem DEKRA Verkehrssicherheitsreport 2024

Viele Regeln nur unzureichend bekannt

  • forsa-Studie zu Radweg-Verkehrszeichen zeigt Wissenslücken
  • Verhaltensvorschriften sollten problemlos verständlich sein
  • International einheitliche Regeln insgesamt wünschenswert
Egal ob Gebot, Verbot oder Warnhinweis – die Funktion von Verkehrszeichen ist klar: Sie sollen den Verkehrsteilnehmenden Informationen geben und bestimmte Verhaltensweisen vorschreiben. Das funktioniert allerdings nur, wenn die Regeln, die mit bestimmten Verkehrszeichen verbunden sind, auch allgemein bekannt sind. Am Beispiel von Radfahrenden in Deutschland zeigt eine repräsentative forsa-Befragung im Auftrag von DEKRA, dass das durchaus nicht immer der Fall ist. „Die Ergebnisse belegen, dass in diesem Punkt noch großer Optimierungsbedarf besteht“, sagt Verkehrspsychologe Dr. Thomas Wagner. Der DEKRA Experte macht sich angesichts zunehmenden internationalen Verkehrs dafür stark, Lösungsansätze für universelle Verkehrszeichen zu finden, um auch so Unfallrisiken zu verringern.
 

Aus der Redaktion:

Leider stellen wir im Zuge der Fahrschulausbildung immer wieder fest das diese Dekra Studie erschreckend wahr ist. Jedoch kommt gravierend noch eines dazu: Viele Radfahrer verstossen wissentlich und mit Vorsatz gegen wichtige Verkehrsregeln. Daher kommt es sehr häufig zu „gefährlichen Begegnungen der dritten Art“. Nur durch notwendige Vorausschau können Unfälle dann vermieden werden. Das schlimme daran: Die Radfahrer fühlen sich dabei meistens noch im Recht… Redaktionsseitig sind wir der Meinung das hier nur Kontrollen und harte Bestrafungen einhalt gebieten können.

Schwerpunkt der Befragung

Im Mittelpunkt der Befragung standen fünf Verkehrszeichen: „Radweg“, „Fahrradstraße“, „Getrennter Geh- und Radweg“, „Gehweg“ mit dem Zusatzschild „Radfahrende frei“ sowie „Gemeinsamer Geh- und Radweg“. Zu jedem Schild sollten die Befragten – mehr als 1.000 nach einem systematischen Zufallsverfahren ausgewählte Radfahrende – bestimmte Aussagen zu den geltenden Verkehrsregeln als richtig oder falsch einordnen.

Radweg

Beim Verkehrsschild „Radweg“ kennen über 60 Prozent der Befragten alle Regeln. 71 Prozent wissen, dass sie den Radweg benutzen müssen und nicht auf der Fahrbahn fahren dürfen. Bei der „Fahrradstraße“ ist der Kenntnisstand heterogener. Zwei von drei Radfahrenden wissen, dass auf einer Fahrradstraße keine Autos fahren dürfen – es sei denn, Zusatzzeichen erlauben es. Etwas mehr als die Hälfte weiß, dass Fahrräder auf einer Fahrradstraße immer nebeneinander fahren dürfen. Dagegen wissen nur 32 Prozent, dass sie als Radfahrende auf Fahrradstraßen maximal 30 km/h fahren dürfen.
Auch beim Verkehrszeichen „Getrennter Geh- und Radweg“ sind die Regeln unterschiedlich bekannt. So wissen neun von zehn Befragten, dass sie bei dieser Beschilderung in der vorgesehenen Markierung fahren müssen. Dass sie hier den Radweg nutzen müssen und nicht auf der Fahrbahn fahren dürfen, ist deutlich weniger bekannt – gut die Hälfte weiß das.
Beim Gehweg mit dem Zusatzschild „Radfahrende frei“ wissen nahezu alle Befragten, dass sie den Gehweg als Fahrradfahrende mitbenutzen dürfen – aber nicht müssen – und auf Fußgängerinnen und Fußgänger Rücksicht nehmen müssen. Allerdings weiß nur ein Drittel, dass Fahrräder hier nur Schrittgeschwindigkeit fahren dürfen.
Gemeinsamer Geh- und Radweg, Gehweg mit Zusatzschild für Radverkehr, getrennter Geh- und Radweg: Wo welche Regeln gelten, wissen längst nicht alle Verkehrsteilnehmenden.
Nach der Beschilderung „Gemeinsamer Geh- und Radweg“ müssen Radfahrende auf Fußgänger Rücksicht nehmen; nahezu alle Befragten wissen das. Nur etwas mehr als der Hälfte ist dagegen klar, dass sie den Radweg benutzen müssen und nicht auf der Fahrbahn fahren dürfen.
„Zumindest in Teilen decken sich die Ergebnisse der Umfrage mit der von der Deutschen Verkehrswacht schon vor ein paar Jahren getroffenen Feststellung, dass die für den Radverkehr geltenden Regeln nicht hinreichend bekannt sind“, sagt der DEKRA Verkehrspsychologe Dr. Thomas Wagner. Dies betreffe laut Verkehrswacht nicht nur die Radfahrenden selbst, sondern sehr stark auch den Auto- und Fußgängerverkehr. Häufig werden die Regeln falsch interpretiert oder angewendet; eine individuelle Auffrischung der Regelkenntnis ist deshalb wichtig.

Universelle Verkehrszeichen

Die Ergebnisse der forsa-Befragung könnten auch Anlass geben, sich grundsätzlich über die Gestaltung von Verkehrsschildern Gedanken zu machen: „Angesichts des zunehmenden internationalen Verkehrsaufkommens sollten Lösungen für universelle Verkehrszeichen gefunden werden, um Unfallrisiken zu verringern“, so Wagner. Er verweist dazu auf eine chinesische Studie von 2019. Sie wollte Schlüsselfaktoren für die Leistung von Verkehrsteilnehmenden beim Erraten von Verkehrszeichen ermitteln. Das Forscherteam befragte dazu gut 200 chinesische Studierende zwischen 19 und 23 Jahren durch, die noch nie in Deutschland Auto gefahren waren und keine tägliche Fahrerfahrung hatten, zu 39 chinesischen und 15 deutschen Verkehrsschildern.
Die Studie ergab für Warnschilder mit knapp 63 Prozent die höchste Quote an korrekten Antworten. Der durchschnittliche Wert fürs korrekte Erraten unter allen gezeigten Schildern lag bei rund 57 Prozent. Das deutsche Gefahrenzeichen 102 (Kreuzung oder Einmündung mit Vorfahrt von rechts) und das Richtzeichen 307 (Ende der Vorfahrtstraße) wiesen die geringste Erraten-Quote mit jeweils unter 1 Prozent auf. „Maßgeblich für die richtige Zuordnung der Bedeutung eines Schildes ist unter anderem, wie häufig es einem in der Vergangenheit begegnet ist“, so der DEKRA Experte. Das gelte für Verkehrszeichen aller Art, egal ob mit Blick auf Vorfahrt, Straßenbenutzung oder Geschwindigkeit.

Internationale Vereinheitlichung der Verkehrsregeln

Vor diesem Hintergrund wäre eine weitere Vereinheitlichung der Verkehrsregeln wünschenswert, so Dr. Wagner. Bis heute gibt es zwischen nationalen Verkehrsregeln große Unterschiede, die den internationalen Verkehr deutlich erschweren. Problematisch sind zum Beispiel die schon innerhalb Europas sehr verschiedenen Verhaltensregeln an Fußgängerüberwegen. In Deutschland etwa oder im Vereinigten Königreich müssen Fahrzeuge anhalten, wenn zu Fuß Gehende sichtlich erkennbar den Überweg betreten wollen. In Italien dagegen haben zu Fuß Gehende erst dann Vorrang, wenn sie sich schon auf dem Zebrastreifen befinden.
Ein anderes Beispiel sind landesspezifische Regelungen für die Benutzung von Kreisverkehren. So ist in manchen Ländern das Blinken an der Einfahrt verboten, in anderen Ländern erlaubt, aber nicht vorgeschrieben. In wieder anderen Ländern muss vor der Einfahrt angezeigt werden, in welche Richtung der Kreisverkehr verlassen werden soll. Auch beim Ausfahren unterscheiden sich die Regelungen, zumeist muss hier aber geblinkt werden. Unterschiede gibt es zudem bei den Vorfahrtsregelungen.
Weitere Hintergründe zum Thema „Verkehrsräume für Menschen“ finden sich im DEKRA Verkehrssicherheitsreport 2024. Er steht unter www.dekra-roadsafety.com zur Verfügung.
 
 
Über DEKRA
 
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